Rassismus in Schulbüchern: Podcast von Schüler*innen und Lehramtsstudierenden – am 21. April auf Antenne Münster

In einem Seminar von Prof. Dr. Mona Massumi haben Studierende des Lehramts an Berufskollegs Schulbücher rassismuskritisch unter die Lupe genommen. Schüler*innen der Gesamtschule Münster Mitte nahmen mit ihnen dazu eine Podcastfolge auf, die am 21. April auf Antenne Münster ausgestrahlt wird.

Wie rassistisch sind eigentlich unsere Schulbücher? Darüber sprachen Schüler*innen der 8. und 9. Klasse der Gesamtschule Münster Mitte mit vier Studierenden des Lehramts an Berufskollegs. Diese hatten in einem Seminar unserer Hochschule von Prof. Dr. Mona Massumi aktuelle Schulbücher rassismuskritisch unter die Lupe genommen und haben den Schüler*innen im Gespräch ihres Podcasts „International und gegen Rassismus“ von ihren Erkenntnissen berichtet. Der dreißigminütige Beitrag läuft am Sonntag, dem 21. April, direkt nach den 18-Uhr-Nachrichten auf Antenne Münster und ist dann in der Mediathek unter nrwision.de mit dem Titel „Rassismuskritische Schulbuchanalyse“ abrufbar.

Für die qualitative Analyse nutzten die Studierenden einen rassismuskritischen Leitfaden, anhand dessen sie jeweils ein Schulbuch mit unterschiedlichem Fokus untersuchten. „Lehrkräfte der Gesamtschule sind auf mich zugekommen und haben gefragt, ob unsere Studierenden die Lehrwerke rassismuskritisch analysieren könnten“, erläutert Massumi. „In einem meiner Seminare zu Bildungsgerechtigkeit beschäftigen wir uns auch mit Rassismus im System Schule. So haben die Studierenden beispielsweise untersucht, ob und wie Kolonialismus im Schulbuch für Sozialwissenschaft dargestellt wird oder welche Multiperspektivität das Religionsbuch einnimmt.“ Die rassismuskritische Perspektive gebe dabei eine Analysebrille vor: „Es geht darum, zu schauen, welche Normalität dargestellt und vermittelt wird, die auf rassistische Wissensbestände zurückzuführen sind“, so die Bildungs- und Migrationswissenschaftlerin vom Institut für Berufliche Lehrerbildung (IBL) am Münster Centrum für Interdisziplinarität (MCI) unserer Hochschule.

Einige der Rassismen waren für die Studierenden nicht auf den ersten Blick erkennbar. „Rassismus ist nichts Subjektives“, erklärt Massumi. „Wir haben klare Kriterien, was Rassismus ist. Aufgrund unserer eurozentristischen Normalität nehmen wir diese nicht immer als rassistisch wahr, da wir mit dieser Normalität aufgewachsen sind. Das heißt nicht, dass sie nicht problematisch und für betroffene Personen verletzend sein können.“

Von einigen Beispielen berichten die angehenden Lehrkräfte im Podcast. So hat sich Achmad Al Khatib im Pädagogikbuch etwa die Kategorie Familie angeschaut: „Mir ist aufgefallen, dass auf den Bildern im Buch nur weiße Personen abgebildet sind – außer im Kapitel zu kulturspezifischen Aspekten von Erziehung. Lediglich dort waren auch Schwarze und insgesamt People of Color zu sehen“, sagt er. „Dadurch wurden die Menschen auf den Fotos in zwei Gruppen eingeteilt, das hat sich für mich sehr komisch angefühlt. Seine Kommilitonin Andrea Bußmann teilt die Erfahrung: „Auch das Biologiebuch berichtet sehr eurozentriert. Es wird beispielsweise im Kapitel Ökologie ein negativ behaftetes sowie einseitiges Bild von ‚Afrika‘ abgebildet – als fremd, anders, rückständig und von Armut geprägt, ohne dabei postkoloniale Abhängigkeiten und Ressourcenausnutzung durch ‚den Westen‘ zu thematisieren. In Sachen Ressourcenverbrauch wird das starke Bevölkerungswachstum auf dem afrikanischen Kontinent genannt. Die westliche Welt wird dagegen mit Umweltschutz und innovativen Technologien in Verbindung gebracht.“ Dabei seien beispielsweise in Ruanda Plastiktüten wesentlich eher verboten gewesen als die Einweg-Plastiktüten in der EU.

Alle vier angehenden Lehrkräfte haben sich gefragt: Wie gehe ich nun damit um? „Ich denke nicht, dass ich dieses Sozialwissenschaftsbuch überhaupt nutzen werde, maximal als Negativbeispiel“, lautet Lennert Riesmeiers Fazit. „Es hat mich erschreckt, dass die Verbrechen der Kolonialmächte relativiert werden. Beispielsweise wurden die vermeintlichen guten Taten wie die eingeführte medizinische Versorgung hervorgehoben, Berichte aus Sicht der Betroffenen fehlen dagegen“, sagt er. „Zum Glück haben wir die Lernmittelfreiheit. Wenn ich aber dieses Religionsbuch im Unterricht nutze, würde ich mit den Schülerinnen und Schülern über die nicht gegebene Multiperspektivität sprechen und sie so zum Thema machen“, ergänzt seine Kommilitonin Carina Walter. „Denn im Buch gab es kaum Texte, die aus der Sicht von Personen verschiedener Religionen verfasst waren.“

„Es ist wichtig, dass sich Schulbuchverlage sowie Lehrkräfte mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen und dafür sensibilisiert werden – in der Ausbildung der Lehrkräfte und auch später im Berufsleben“, appelliert Massumi.

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